Empfehlungen für den Heilmittelbereich aufgrund des Ausbruchs von SARS-CoV-2 (Corona) Stand: 31. März 2020 / 12.00 Uhr
Aufgrund der mit der Pandemie einhergehenden Einschränkungen des täglichen Lebens erklären die Kassenverbände auf Bundesebene und der GKV-Spitzenverband ihre Bereitschaft in den nachfolgend angeführten Bereichen zeitlich befristet von den bisherigen Regelungsvorgaben der Versorgung mit Heilmitteln abzuweichen. Ziel ist die Versorgung in dieser außerordentlichen Situation zu erleichtern und aufrecht zu erhalten. Diese Verfahrensregelung gilt zunächst für alle Behandlungen, die bis einschließlich 31.05.2020 durchgeführt werden; sie stellt kein Präjudiz für die Zeit danach dar.
Unter Beachtung der Vorgaben von Bund und Ländern und der aktuellen Beschlüsse vom Gemeinsamen Bundesauschuss (G-BA) gelten diese Empfehlungen für alle Leistungserbringer nach § 124 SGB V der Physiotherapie (inkl. Masseure und med. Bademeister), der Ergotherapie, der Ernährungstherapie, der Stimm-, Sprech-, Sprach-und Schlucktherapie, sowie der Podologie.
Eine ärztlich verordnete Heilmittelbehandlung ist immer als medizinisch notwendig anzusehen und daher auch nach diesen Empfehlungen grundsätzlich abrechnungsfähig. Die Entscheidung, ob die Behandlung aktuell persönlich oder im Rahmen einer telemedizinischen Behandlung (siehe Punkt 8) erfolgen kann, trifft die Therapeutin oder der Therapeut.
Der Gemeinsame Bundesauschuss hat mit Beschluss vom 27. März 2020 rückwirkend zum 9.März 2020 u.a. die Heilmittel-Richtlinie und die Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte an die aktuelle Pandemie angepasst. Diese Sonderregelungen betreffen insbesondere:
– Aussetzung der Frist für den Behandlungsbeginn – Aussetzung der Frist bei Unterbrechung der Behandlung – Verlängerung der Fristen im Rahmen des Entlassmanagements
Den vollständigen G-BA Beschluss finden Sie unter:https://www.gba.de/beschluesse/4228/
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Darüber hinaus gelten folgende Empfehlungen:
1. Die in § 16 Abs. 3 der Heilmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (HM-RL) geregelte Unterbrechungsfrist von 14 Kalendertagen bzw. die in den aktuell gültigen Verträgen nach § 125 Abs.2 SGB V (alt) vereinbarten Unterbrechungsfristen werden nicht geprüft. Der letzte Behandlungstag vor der Unterbrechung muss nach dem 17.02.2020 liegen.
2. Die 12-Wochen-Frist gemäß § 8 Abs. 1 Satz 4 HM-RL ist nur für die Bemessung der Verordnungsmenge zum Zeitpunkt der Verordnung maßgeblich, nicht jedoch für die Gültigkeit einer Verordnung über 12 Wochen hinaus.
3. Der Behandlungsbeginn von 14 Kalendertagen für die Physiotherapie, Ergotherapie und Stimm-, Sprech-, Sprach-und Schlucktherapie (Sprachtherapie) bzw. 28 Kalendertagen für die Podologie und Ernährungstherapie bzw. wenn die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt Angaben zu einem spätesten Behandlungsbeginn auf dem Verordnungsvordruck gemacht hat wird ausgesetzt. Dies gilt für alle nach dem 18.02.2020 ausgestellte Verordnungen.
4. Die Regelungen gelten sowohl für vertragsärztliche als auch für vertragszahnärztliche Heilmittelverordnungen.
5. Eine Teilabrechnung bereits erbrachter Leistungen ist möglich. Hierfür kann für die ärztliche Verordnung einmalig nach Erbringung von Behandlungen eine Zwischenrechnung bei den von Krankenkassen benannten Stellen (Daten-und Papierannahmestellen) unter Vorlage einer Originalverordnung sowie der Empfangsbestätigungen des Versicherten/der betreuenden Person als Zwischenabrechnung gekennzeichnet, eingereicht werden. Zum Abschluss der Behandlungsserie ist unter Bezugnahme auf die erste Abrechnung für die übrigen Behandlungen eine Kopie der Verordnung einzureichen, auf der sich auch die übrigen originalen Empfangsbestätigungen des Versicherten/der betreuenden Person befinden. Bereits abgerechnete Leistungen sind auf der Verordnungskopie durch einen Vermerk kenntlich zu machen und können nicht erneut nach Beendigung der Behandlungsserie in Rechnung gestellt werden.
6. Der in den Richtlinien zur Abwicklung des Datenaustauschs nach § 302 Abs. 2 SGB V oder vertraglich vereinbarte Grundsatz, dass Abrechnungen einmal monatlich je Leistungserbringer-Institutionskennzeichen mit der Krankenkasse abzurechnen sind, wird ausgesetzt. Somit können beendete oder abgebrochene Verordnungen zeitnah abgerechnet werden.
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7. Bei nicht richtlinienkonform ausgestellten Heilmittelverordnungen können die Leistungserbringer notwendige Änderungen bzw. Ergänzungen an den vom Vertragsarzt auf dem Verordnungsblatt gemachten Angaben (mit Ausnahme der Angaben „Art des Heilmittels“ und „Verordnungsmenge“) selbst vornehmen. Einer Änderung bzw. Ergänzung der Verordnung durch die Vertragsärztin oder den Vertragsarzt bzw. einer Rücksprache mit der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt bedarf es hierzu nicht. Die Änderung bzw. Ergänzung ist auf der Rückseite des Verordnungsblatts unten links kurz zu begründen und mit Datum und Handzeichen des Leistungserbringers zu versehen.
8. Sofern die Behandlungen aus therapeutischer Sicht auch im Rahmen einer telemedizinischen Leistung (Videobehandlung oder telefonische Beratungen) stattfinden können, ist dies mit vorheriger Einwilligung der Versicherten für die nachfolgend aufgeführten Heilmittel möglich. Die Videobehandlung muss in Räumen stattfinden, die Privatsphäre bieten. Die beim Leistungserbringer und bei den Versicherten bereits vorhandene Technik muss eine angemessene gegenseitige Kommunikation gewährleisten. Die Videobehandlungen sind im Bereich der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie der Schlucktherapie ausschließlich bei SCZ der Ergotherapie der Ernährungstherapie der Physiotherapie für die o X0301 Bewegungstherapie, o X0501 Krankengymnastik (auch KG-Atemtherapie) und o X0702 Krankengymnastik-Mukoviscidose grundsätzlich möglich.
Im Bereich der Ernährungstherapie ist die Beratung, auch als telefonische Beratung möglich.
Auf der Rückseite der Verordnung ist die Therapie als Videobehandlung „V“ oder „Video“ bzw. „T“ oder „Telefon“ zu kennzeichnen. Die Bestätigung der erbrachten Leistungen durch die Versicherten kann auch auf elektronischen Wege (z.B. per Fax, EMail) erfolgen. Die Einwilligung und Bestätigung der Versicherten ist der Abrechnung nicht beizufügen. Der Leistungserbringer hat die Einwilligung und die Bestätigung entsprechend aufzubewahren und der Krankenkasse auf Nachfrage vorzulegen.
9. Sofern aufgrund der Pandemie bei bereits zugelassenen Leistungserbringern einzelne Kriterien der gültigen Zulassungsempfehlungen nicht oder nur teilweise erfüllt werden
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können, hat dies keine Auswirkungen auf die Zulassung bzw. die Abrechnungserlaubnis gegenüber den Krankenkassen. Dies gilt insbesondere bei: – Reduzierung der Öffnungszeiten – Abwesenheit/Beendigung des Arbeitsverhältnisses der fachlichen Leitung – Jobsharing-Verfahren der fachlichen Leitung auch auf mehr als zwei Therapeutinnen oder Therapeuten
Anträge auf Zulassung sollen aktuell ausschließlich per E-Mail an die zuständigen Arbeitsgemeinschaften übermittelt werden. Die Bestätigung erfolgt zunächst auch per EMail.
10. Die Krankenkassenverbände weisen darauf hin, dass die Corona Auswirkungen ebenfalls zu Problemen in der operativen Bearbeitung bei den Krankenkassen und/oder Abrechnungsdienstleister führen kann.