Wann kommt die Blanko-Verordnung für die Podologie?

Die maßgeblichen Podologie-Verbände haben mit dem GKV- Spitzenverband eine Vereinbarung geschlossen, dass der Vertrag nach § 125a SGB V über die Erbringung von Leistungen auf Basis von Blankoverordnungen bis spätestens 31.05.2022 geschlossen werden soll. Maßgebend für diese Entscheidung war und ist die Erwägung, dass die Festlegung der näheren Einzelheiten und Inhalte im wohlverstandenen Interesse aller Beteiligten liegt.

Die Gründe für die Verschiebung sind offenkundig. Das Gesetz erwähnt hierzu in § 125a Abs. 2 SGB V lediglich die maßgebenden, zu regelnden Aspekte. Es ist weitgehend Sache der Vertragspartner selbst, hier zu konkreten Vereinbarungen zu kommen. Die Podologie-Verbände sind im Zuge der Vorbereitungen für eine Vereinbarung mit dem GKV-Spitzenverband frühzeitig zu der Einschätzung gelangt, dass eine Harmonisierung der Positionen der Verbände im Vorfeld im Interesse aller Podologinnen und Podologen liegen muss. Die Verbände wenden nicht die gesetzliche Fristwahrung, sondern die inhaltlich sinnvolle Ausformung des Vertrages als Maßstab an. Die bislang zwischen Kostenträgern und Verbänden differierende Auffassung zur Ausgestaltung des gesetzlichen Auftrags erfordert weitere intensive Beratungen. Die Verbände werden sich hierzu auf einer Klausurtagung am letzten Oktoberwochenende in Tübingen zusammensetzen.

Welcher Klärungs- und dann auch Regelungsbedarf auf die Verhandlungspartner zukommt, mag aus der folgenden, nur der Übersicht dienenden Darstellung ersichtlich werden.

Das gilt zunächst für die Frage, welche Indikationen aus dem Heilmittelkatalog festgelegt werden können, die für eine Blanko-Verordnung geeignet sind. Als maßgeblich wird die Bewertung angesehen, ob sich die jeweilige Indikation unter medizinisch-therapeutischen Gesichtspunkten für diese Versorgungsform eignet. Nach unserer Einschätzung und Überzeugung kommen hier die drei Diagnosegruppen DF = Diabetisches Fußsyndrom, NF = Neuropathisches Fußsyndrom und QF = Querschnittsyndrom in Betracht. Denn für alle 3 Diagnosegruppen gilt:

Die Patienten leiden an Sensibilitätsstörungen, herabgesetztem Schmerzempfinden und einer autonomen Schädigung im Bereich der unteren Extremitäten, sie haben schmerzlose oder schmerzhafte Hyperkeratosen, die tiefgehend oder mit Einblutungen und Rhagadenrissen sein und bis zur Ulzerierung führen können, und/oder sie haben ein pathologisches Nagelwachstum, Nagelverdickungen bis zum eingewachsenen Nagel im Stadium 1, die ohne fachgerechte Versorgung und individuelle Frequenzanpassung zu unumkehrbaren Folgeschädigungen bis zur Amputation führen können.

Zu bedenken ist nicht zuletzt, dass die Kassenärztliche Bundesvereinigung zur Frage der Eignung der Indikationen ihr Einvernehmen (Zustimmung) zu erklären hat.

Zu regeln sind des weiteren Fragen zur Dauer der Therapie und der Frequenz der Behandlungseinheiten. Hier geht es um die Abweichung von den Vorgaben der Heilmittel-Richtlinie. Die individuelle Frequenzanpassung ist bei einem Teil der Patientinnen und Patienten dringend angezeigt, weil nur die Podologin | der Podologe mit geschultem Blick erkennen kann, wann z.B. eine Prädilektionsstelle zur Ulzerierung führen oder wann ein vom Einwachsen bedrohter Nagel oder ein eingewachsener Nagel im Stadium 1 zum eingewachsenen Nagel zum Stadium 2 bzw. 3 werden kann. Beides kann sich rasch entwickeln. Und umgekehrt kann bei einem verlangsamten Nagelwachstum ein Behandlungsabstand länger als 6 Wochen (z.B. bei Bettlägerigkeit) angezeigt sein.

Weiter zu regeln sind Fragen zur Abrechnung. Die Vergütungen für podologische Regel-Leistungen sind bereits vereinbart. Die Podologieverbände plädieren dafür, die Vergütungen auch auf die BlankoVO zu übertragen und eine einmalige Gebühr/pro BlankoVO für den Mehraufwand (erweiterte Dokumentation, ausführlicher Arztbericht, Erfassung von Daten zur Evaluation) zu vereinbaren.

Ein wichtiger Aspekt, der Gegenstand der Vereinbarung sein wird, sind die Richtwerte zur Versorgungsgestaltung. Diese Richtwerte stellen nicht Maßnahmen zur Bestimmung der Wirtschaftlichkeit dar, sondern sollen dem Leistungserbringer eine Orientierungshilfe für die Behandlung geben, damit dieser feststellen kann, ob er sich mit seiner Behandlung in einem durchschnittlichen Rahmen bewegt. Eine wesentliche Frage ist dabei, nach welchen Kriterien der Richtwert bestimmt wird. Das Gesetz und die Begründung sagen dazu nichts.

Im engen Zusammenhang mit dem vorgenannten Aspekt sind die ebenfalls zu vereinbarenden Maßnahmen zur Vermeidung einer unverhältnismäßigen Mengenausweitung zu sehen. Die Vertragspartner müssen sich aufMaßnahmen verständigen, die im Fall von Blankoverordnungen von den Kostenträgern und in der Folge auch vom Gesetzgeber angenommenen Gefahr einer medizinisch nicht begründeten, unwirtschaftlichen Mengenausweitung in der Anzahl der Behandlungseinheiten je Versicherten entgegenwirken.

Abschließend bedarf es noch einer Regelung zum sog. „Arztkontakt“. Hier ist zu klären, ob und inwieweit es im Vergleich zur Normalversorgung zu Besonderheiten kommt, die dann der konkreteren Regelung bedürfen. Der Gesetzgeber hat sich zum Sinn dieser Vorschrift nicht näher geäußert.

Die drei maßgeblichen Verbände sind überzeugt, dass am Schluss der gemeinsamen Klausurtagung eine tragfähige Basis für die weiteren Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband erarbeitet werden kann.